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Tages-Anzeiger, 16 February 2006
Author: Edi Schuler
Sind die Grünen doch Pukelsheim-Verlierer?
Zürich/Genf. - Wer vom neuen Zürcher Wahlsystem nach Friedrich
Pukelsheim am meisten profitiert und wer verliert, ist umstritten: Der
Politologe Peter Moser vom kantonalen statistischen Amt sieht die SP als
Hauptverliererin (TA vom Dienstag). Daniel Bochsler, ein Berufskollege
Mosers von der Uni Genf, hält die Grünen für die Hauptleidtragenden. Auf
Anfrage betonten gestern aber beide, dass sie ihre Berechnungen auf
Annahmen stützen, die man so oder anders treffen kann.
Der Hauptunterschied zwischen den beiden Rechnungen liegt bei den
Listenverbindungen. Diese hatten unter dem alten System dazu geführt, dass
Stimmen kleinerer Parteien in der Endabrechnung oft ihren grossen
Listenpartnern zukamen. Das neue Wahlsystem hat dieses «politische
Lotterbett» abgeschafft. Aber niemand kann wissen, welche Listenstrategie
die Parteien für die Wahlen am letzten Sonntag gewählt hätten, falls das
alte Wahlsystem immer noch gültig gewesen wäre. Das macht dann eine
Modellrechnung für ein Wahlergebnis ohne Pukelsheim schwierig.
Peter Moser rechnete darum ohne Listenverbindungen. Sein Kollege
Bochsler dagegen nahm auf Grund der Parteistrategien von 2002
Listenverbindungen an, die plausibel erscheinen. Die Listenverbindungen
hatten die Benachteiligung der kleinen Parteien im alten System gemildert,
sagt Bochsler.
Laut Moser hätte die SP ohne Pukelsheim statt 5 Sitzen Verlust 3 Sitze
hinzugewonnen und wäre auf ein historisches Hoch von 52 gekommen. Auch die
Grünen hätten dazugewonnen, aber nur leicht von 10 auf 13 Sitze.
Bochsler sieht es praktisch umgekehrt: Die SP hätte gegenüber 2002 statt
gewonnen 3 Sitze verloren. Und paradoxerweise hätten sich die Grünen -
die den Wechsel zum Pukelsheim-System vor Bundesgericht erkämpft haben -
im alten System dank Listenverbesserungen viel besser behaupten können und
ihre Sitzzahl von 10 auf 18 Sitze fast verdoppelt. Effektiv haben sie nur 4
Sitze gewonnen.
Profitiert vom neuen Wahlsystem haben demgegenüber die FDP und die kleinen
Parteien (EVP, Alternative Liste). Ohne Pukelsheim hätten diese
praktisch keine Gewinne gemacht. Hier sind sich die beiden Politologen
wieder einig. (ese)
Link: The Working Paper on the subject
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